Mit Hauptinhalt fortfahren
main content, press tab to continue
Artikel | Benefits Perspectives

BGH: BilMoG-Zehnjahreszins im Versorgungsausgleich anzusetzen

BGH vom 24.3.2021 – XII ZB 230/16

Von Dr. Andreas Hufer | 1. Juli 2021

Nun BilMoG-Zehnjahreszins maßgeblich. Anwendung der Entscheidung des BVerfG zur externen Teilung kann Vergleich auf Barwertebene erfordern.
N/A
N/A

Nachdem das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr die Anwendung der externen Teilung eingeschränkt bzw. erschwert hatte, hat der Bundesgerichtshof nun einige Folgefragen geklärt. Sie beziehen sich insbesondere auf den anzuwendenden Rechnungszins, die Prüfung eines etwaigen Transferverlusts durch die externe Teilung und dessen Ausgleich sowie auf Auskunftspflichten.

BVerfG verlangt seit 2020 Vergleich auf Leistungsebene

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte 2020 die gesetzliche Sonderregelung in § 17 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG), wonach die externe Teilung in den Durchführungswegen Direktzusage und Unterstützungskasse in höherem Umfang vom Versorgungsträger einseitig verlangt werden kann als bei anderen Durchführungswegen, eingeschränkt (BVerfG vom 26.5.2020 – 1 BvL 5/18, siehe auch das entsprechende Whitepaper von Willis Towers Watson).

  • Transferverlust höchstens zehn Prozent: Demnach ist die externe Teilung nach §17 VersAusglG ohne Zustimmung der ausgleichsberechtigten Person („Ausgleichsberechtigter“) nur zulässig, wenn diese bei einem Vergleich der prognostizierten Leistung bei einer fiktiven internen Teilung und der prognostizierten Leistung des Zielversorgungsträgers höchstens zehn Prozent einbüßt.
  • Ansonsten Aufpreis oder interne Teilung: Anderenfalls ist das Anrecht intern zu teilen oder der Ausgleichswert ist zu Lasten des extern teilenden Versorgungsträgers anzuheben.

Die für alle Durchführungswege geltende Regelung zur einseitig verlangten externen Teilung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG mit gegenüber § 17 VersAusglG deutlich niedrigeren Wertgrenzen ist von dieser Vorgabe nicht betroffen.

BGH ändert deshalb seine Rechtsprechung zum Rechnungszins im Versorgungsausgleich

Für Stichtage seit grundsätzlich Dezember 2015 werden Rückstellungen nach Handelsgesetzbuch (HGB) für Altersversorgungsverpflichtungen zwar – als Reaktion auf die anhaltende Niedrigzinsphase – nach § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB i.V.m. der Rückstellungsabzinsungsverordnung auf Basis einer zehnjährigen Durchschnittsbildung (BilMoG-Zins-10) angesetzt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) verlangte abweichend davon bisher, dass bei der Berechnung des Ehezeitanteils bzw. des Ausgleichswerts weiterhin der BilMoG-Zins mit siebenjähriger Durchschnittsbildung verwendet wird (BilMoG-Zins-7). Dieser ist gegenüber dem BilMoG-Zins-10 niedriger, was zu höheren Barwerten führt. In der Folge waren an den Zielversorgungsträger bei externer Teilung höhere Beträge auszukehren.

BilMoG-Zehnjahreszins nun auch im Versorgungsausgleich zulässig

Der BGH hat diese Vorgabe nun in seinem Beschluss vom 24.3.2021 (XII ZB 230/16) aufgegeben, da die Belange des Ausgleichsberechtigten infolge der Entscheidung des BVerfG bereits durch den prognostischen Vergleich auf Leistungsebene gewahrt werden. Daher ist nun auch bei der Ermittlung von Barwerten im Versorgungsausgleich auf den BilMoG-Zins-10 abzustellen, soweit dieser für den maßgeblichen Zeitpunkt von der Deutschen Bundesbank bekannt gegeben worden ist. Letzteres betrifft Zeitpunkte seit einschließlich Dezember 2015.

Für die Zeit vor Einführung des BilMoG-Zinses akzeptiert der BGH im Versorgungsausgleich ausdrücklich den Ansatz eines Rechnungszinses von sechs Prozent p.a.

BGH konkretisiert Vorgaben des BVerfG zum Vergleich auf Leistungsebene

Der BGH stellt klar, das für den Vergleich der Zielversorgungsträger mit der prognostisch höchsten Leistung heranzuziehen ist, unabhängig davon, ob der Ausgleichsberechtigte diesen tatsächlich auswählt. Er erlaubt es Gerichten insbesondere, davon auszugehen, dass die gesetzliche Rentenversicherung – sofern aufnahmebereit – derzeit in der Regel der leistungsstärkste Zielversorgungsträger ist. Er billigt den Erfahrungssatz, dass derzeit „in der Regel“ bei einem Ausgleichswert, der mit einem Rechnungszins von maximal drei Prozent p.a. ermittelt wurde, kein Transferverlust von mehr als zehn Prozent anzunehmen ist. 

Der Vergleich kann sich nach BGH im ersten Schritt – sofern für das auszugleichende Anrecht eine Rentenleistung zu berücksichtigen ist – auf die nominalen Leistungshöhen des Zielversorgungsträgers und der fiktiven internen Teilung beziehen. Dabei „sollten“ die vom bisherigen Versorgungsträger bei fiktiver interner Teilung erwarteten Leistungen möglichst nahe am Leistungsspektrum des Zielversorgungsträgers ausgelegt sein, auch wenn bei einer tatsächlichen internen Teilung das Leistungsspektrum auf eine entsprechend erhöhte reine Altersleistung beschränkt sein sollte.

Sofern dieser Vergleich auf Leistungsebene bezüglich der Zehn-Prozent-Grenze nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führt oder falls ein Beteiligter geltend macht, hierdurch würden wertbildende Faktoren der Versorgungen nicht zutreffend abgebildet, muss das Gericht nach BGH in einem zweiten Schritt einen Barwertvergleich vornehmen. Bei zu teilenden Versorgungsanrechten, die nicht auf eine lebenslange Rente ausgerichtet sind, ist nach Auffassung des BGH von vornherein ein Barwertvergleich erforderlich. Zu Einzelheiten der Durchführung des Barwertvergleichs äußert der BGH nur, dass für beide prognostizierten Leistungen dieselben Rechnungsgrundlagen heranzuziehen sind.

Auskunftspflicht erweitert

Der BGH ist der Auffassung, dass der Versorgungsträger bei externer Teilung dazu verpflichtet ist, die Versorgungsleistung der fiktiven interner Teilung mitzuteilen, da das Gericht nur so prüfen kann, ob ein zu hoher Transferverlust entsteht.

Die Aufgabe, die Leistung des oder der potenziellen Zielversorgungsträger zu ermitteln, liegt demgegenüber ebenso wie der Barwertvergleich formal beim Gericht. Um unnötigen Aufwand durch erneute Nachfragen zu reduzieren, ist es aus Versorgungsträgersicht meistens sinnvoll, zumindest auf gerichtliche Nachfrage nach einer prognostizierten Rente bei fiktiver interner Teilung auch eine prognostizierte Rente der gesetzlichen Rentenversicherung mitzuliefern, sofern diese als Zielversorgungsträger in Betracht kommt. Letzteres ist insbesondere bei Ausgleichsberechtigten, die dort bereits eine Altersrente beziehen, nicht der Fall.

Drei-Prozent-Regel und BilMoG-Zehnjahreszins

Die Modifikation des Rechnungszinses gilt für zukünftig zu erteilende Auskünfte zum Versorgungsausgleich und alle noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren.

Ob bei Vorgängen mit bereits erteilten Auskünften zu externer Teilung eine Aktualisierung der Auskünfte hinsichtlich des Rechnungszinses sachgerecht ist, um die an den Zielversorgungsträger zu transferierenden Beträge zu reduzieren, hängt von diversen Faktoren ab und sollte jeweils im Einzelfall geprüft werden.

Aufpreis darf nicht zu Anrechtskürzung führen

Der BGH betont, ebenso wie bereits das BVerfG, dass der Aufpreis nicht per Anrechtskürzung an den Ausgleichspflichtigen weiterbelastet werden darf.

Aufpreis ohne Einfluss auf Grenzwert

Auch wenn vom Gericht ein Aufpreis festgesetzt wird, ist bei der Prüfung, ob das Anrecht extern geteilt werden kann (Wertgrenze des § 17 VersAusglG), der Ausgleichswert ohne Aufpreis zu betrachten.

Ausblick

Ab dem 1.8.2021 gelten neue gesetzliche Regelungen, die den Anwendungsbereich der externen Teilung noch weiter einschränken und den Versorgungsausgleich im Leistungsbezug komplexer gestalten. Hierüber wird Benefits! in einer Sonderausgabe informieren.

Autor

Director Retirement Legal

Related content tags, list of links Artikel Benefits Perspectives
Contact us